Mensch bleiben im Krankenhaus: Zwischen Alltag und Ausnahmesituation

Ein Buchprojekt

Forschungsinhalt

Im Projekt „Ethik im Krankenhausalltag“ untersuchte das ifz drei große Themenbereiche zum Alltag von ÄrztInnen, Pflegenden, PatientInnen und Angehörigen. Der erste Themenbereich betraf jene fundamentalen Handlungen, die wesentlich zum Menschsein gehören. Darunter fallen beispielsweise: Essen, Schlafen, Ausscheidungen, Bewegung und Kommunikation. Viele PatientInnen sind in einer verletzlichen Position und selbst bei privaten und intimen Handlungen auf Unterstützung angewiesen. Dabei kommt es in der Praxis immer wieder zur Verletzung der Privatsphäre, was als beschämend und entwürdigend empfunden wird.

Der zweite untersuchte Themenkomplexes war jener von Raum und Zeit im Krankenhaus. Viele Abläufe sind gekennzeichnet von Regeln und Standardisierungen. Die Handlungsspielräume von PatientInnen sind eingeengt und ihre Mitbestimmungsmöglichkeiten beschränkt. Die MitarbeiterInnen erleben Zeit als knappe Ressource an. Der Arbeits- und Leistungsdruck ist in der Regel enorm, Rückzugsmöglichkeiten spärlich und Bedingungen für reflektiertes ethisches Handeln oftmals kaum vorhanden.

Im Zentrum des dritten Themenkomplexes standen schließlich die Beziehungen, die im Krankenhausalltag auftreten. Es zeigte sich, dass die PatientInnen im Vergleich zu den MitarbeiterInnen in einer schwachen Position sind. Ängste und Unsicherheiten, Schmerz und Leid sowie Unterschiede in Wissen, Fähigkeiten und Rechten erzeugen asymmetrische Beziehungen.

Grundlage der Studie bildeten eine umfassende Literaturanalyse sowie ExpertInneninterviews mit KrankenhausmitarbeiterInnen in Salzburg.

Die Ergebnisse daraus griff Clemens Sedmak in seinem Buch Mensch bleiben im Krankenhaus: Zwischen Alltag und Ausnahmesituation auf. Darin entwickelt er Grundzüge einer Ethik des Krankenhausalltags. Die Publikation erschien 2013 im Styria Verlag.


Ethische Aspekte des Krankenhausalltags

Forschungsinhalt:

Im Buch „Mensch bleiben im Krankenhaus – zwischen Alltag und Ausnahmesituation“ entwickelte Clemens Sedmak eine Ethik des Krankenhauses entwickelte. In einem Kooperationsprojekt zwischen dem ifz und den Salzburger Landeskliniken (SALK) wurden die darin enthaltenen Anregungen dann in einem 18-monatigen Praxisprojekt umgesetzt. Dabei ging es um Herausforderungen, die sich an der Universitätsklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie stellten. Verantwortliche WissenschafterInnen waren die ifz-MitarbeiterInnen Stephanie Höss, Gunter Graf und Elisabeth Buchner.

Forschungsmethoden

Drei Fragstellungen spielten bei diesem Projekte eine wesentliche Rolle: Was zeichnet ethisches Handeln auf der Universitätsklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie aus? Welche (besonderen und wiederkehrenden) Herausforderungen bestehen? Wo könnten ethisch relevante Veränderungen ansetzen?

Was als moralisch herausfordernd erlebt wird, wurde mittels Online-Befragung, teilnehmender Beobachtung und leitfadengestützter Interviews mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Patientinnen und Patienten der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie erhoben. Es folgten mehrere berufsgruppenspezifische Workshops, in denen die Ergebnisse ausgewertet und Handlungsempfehlungen für ethisch relevante Veränderungen abgeleitet wurden.

Im Jänner 2016 startete die zweite Projektphase, in der es um die konkrete Umsetzung von Maßnahmen ging. Im Sinne einer „kleinen Ethik“ sollten diese Maßnahmen sicht- und fühlbare Verbesserungen im Arbeitsalltag bewirken. In vier themenspezifischen Workshop-Gruppen wurden Ideen gesammelt, um anschließend konkrete Aktionen zu formulieren. Die Blöcke umfassten sowohl organisations- und prozessorientierte Fragestellungen (Ablauf in der Ambulanz und im Stationsbetrieb) als auch „weiche“ Aspekte wie der Umgang mit Patientinnen und Patienten oder die Kommunikation unter Kolleginnen und Kollegen.

Für die inhaltlich-wissenschaftliche Begleitung des Projekts wurde ein Online-Feedback-Fragebogen an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgesandt. Bei der Abschlussveranstaltung am 17. Juni 2016 wurde der finale Endbericht allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern vorgestellt.